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Neues Hubrettungsfahrzeug macht die Rettung von Personen aus Höhen und Tiefen auch weiterhin möglich

29. Dezember 2017 | Von

Weinheim. Dreiundzwanzig Jahre ist die Drehleiter der Freiwilligen Feuerwehr Weinheim Abteilung Stadt nun alt. Mehr als zwei Dekaden, die nicht spurlos an dem wichtigen Hubrettungsgerät vorbeigegangen sind. Hydraulikschläuche, Aggregate und Seilzüge – all das wurde bereits mehrfach repariert und ausgetauscht. Die enorme Beanspruchung in den letzten Jahren bedeutete einen hohen Verschleiß des komplexen Rettungsgerätes. Immer wieder war es in den letzten Jahren zu Ausfällen des Fahrzeugs gekommen, weil Teile altersbedingt kaputtgingen und die benötigten Ersatzteile nicht sofort zur Verfügung standen. Im schlimmsten Fall kann das Menschenleben kosten, denn die Drehleiter rückt immer dann aus, wenn beispielsweise Personen bei einem Brand aus der Höhe gerettet werden müssen. Etwa wenn der Fluchtweg über den Treppenraum abgeschnitten ist, und eine Rettung über Tragbare Leitern, die nur bis 12 Metern Höhe eingesetzt werden können, nicht mehr möglich ist.

Bislang entstand durch den Ausfall des Fahrzeuges noch keine bedrohliche Situation, auch weil die Feuerwehren der Region sich untereinander aushelfen. Fällt die Drehleiter in Weinheim aus, rückt ein äquivalentes Fahrzeug, beispielsweise der Werkfeuerwehr Freudenberg oder der Freiwilligen Feuerwehr Hemsbach an.

Für einen schnellen Einstieg kann der Korb vor dem Fahrerhaus automatisch abgesetzt werden.

Für viele Gebäude in der Stadt ist eine Drehleiter baurechtlich notwendig. Genauer gesagt für praktisch fast alle Gebäude, deren Höhe sich unter der Hochhausgrenze von zweiundzwanzig Metern befindet. Der Gemeinderat stimmte deswegen in seiner Sitzung vom 08. Februar 2017 einstimmig der Beschaffung des etwa 640.000 Euro teuren Hubrettungsfahrzeuges, das bereits im Feuerwehrbedarfsplan von 2015 festgeschrieben war, zu. Bei der Beschaffung gewährte das Land Baden-Württemberg eine Zuwendung von 188.000 Euro, wodurch die Belastung für den Weinheimer Haushalt deutlich abgemildert werden konnte.

Im Wesentlichen ist eine Drehleiter ein Fahrzeug mit einem speziellen Aufbau, der aus mehreren Leitern besteht, die ineinandergeschoben sind und sich durch eine hydraulische Hubvorrichtung aufstellen, und durch eine Art Windensystem ausziehen lässt. Durch ein Abstützsystem, ähnlich wie bei einem Kran wird das Fahrzeug stabilisiert. Somit erreicht die in Deutschland genormte Drehleiter „DLA(K) 23/12“ eine Rettungshöhe von 23 Metern bei 12 Metern Abstand zum Anleiterobjekt.

Doch was macht eigentlich eine solche Drehleiter aus? Welche Funktionen sind für die Objekte in der Stadt wichtig und wie sieht die optimale Ausstattung aus? Das alles sind Fragen, mit denen sich der Arbeitskreis Fuhrpark der Abt. Stadt lange Zeit beschäftigen musste, um dem Nachfolgemodell ein Gesicht zu geben. Feuerwehrfahrzeuge werden nicht einfach bestellt, oder gar von der Stange beschafft, sie müssen detailliert ausgeschrieben werden. Die Feuerwehr definiert daher in ihrer Leistungsbeschreibung die genauen technischen und funktionalen Anforderungen an das Fahrzeug, welche den Europäischen Vergaberichtlinien genauestens entsprechen muss. Nach einer festgelegten Frist müssen dann alle Hersteller, die sich für den Auftrag bewerben möchten, ein passendes Angebot abgeben. Die eingegangenen Angebote werden nach einer vorher definierten Matrix bewerten und das beste Angebot erhält den Zuschlag. Nach einem Vergabegespräch mit dem ausgewählten Hersteller, kann der Bau des neuen Fahrzeuges beginnen. Nach etwa einem Jahr werden Fahrzeuge wie Drehleitern dann ausgeliefert.

Das Fahrzeug greift auf die neueste Technik des Weltmarkführers Rosenbauer zurück, der bereits im Jahre 1998 den bekanntesten deutschen Hersteller für Drehleitern, die „Maschinenfabrik Carl Metz“ aufkaufte und damit bis ins Jahr 2015 unter dem Namen „Metz Aerials“ seine Drehleitern vermarktete. Seit 2015 werden die unter dem Namen „Metz“ weitaus bekannteren Drehleitern einheitlich unter dem Namen „Rosenbauer“ vermarktet.

Der Leistungsstarke Werfer kann bis zu 1.800l Wasser pro Minute abgeben.

Neben den hauptsächlichen Funktionen der Leiter, dem Retten von Mensch und Tier und der Wasserabgabe über den Werfer, wurden mit der Schachtrettungsfunktion, einem Gelenk am obersten Leiterteil und verschiedenen weiteren Extras, sinnvolle Ergänzungen hinzugefügt, die das Fahrzeug noch vielfältiger einsetzbar machen. Der extrem stabile Korb, der bis fünfhundert Kilogramm belastbar ist, ermöglicht es in Verbindung mit einer speziellen Tragevorrichtung, auch besonders schwere Patienten sicher zu Boden zu bringen, wenn ein Transport anders nicht möglich ist. In Zeiten, in denen die Feuerwehr den Rettungsdienst immer häufiger bei der Rettung von adipösen Patienten unterstützen muss, eine sinnvolle Anschaffung.

Ein vollautomatischer Wasserwerfer mit einer Leistung von bis zu 1.800 Litern pro Minute kann auf den Korb aufgesteckt werden und vom Maschinisten von unten gesteuert werden. Bei einem Brandeinsatz muss somit nicht zwingend ein Trupp unter schwerem Atemschutz im Leiterkorb stehen, was einen großen Vorteil für die Sicherheit der Einsatzkräfte bedeutet

Mit weiterer Sonderausstattung, wie einer elektrischen und einer motorbetriebenen Kettensäge samt Schutzkleidung und Zubehör, kann das Fahrzeug selbstständig zu Unwettereinsätzen im Stadtgebiet ausrücken. Durch Sturm von Bäumen herabhängende Äste können somit schnell und ohne großen Personal- und Fahrzeugbedarf sicher entfernt werden.

Das neue Fahrzeug kommt mit einer völlig neuen, umfangreichen Bedieneinrichtung.

Doch mit der Beschaffung allein ist es nicht getan. Heutzutage sind Hubrettungsfahrzeuge komplexer denn je. Etliche Funktionen, angefangen von der hydraulischen Abstützung, über den Werferbetrieb bis hin zur Schachtrettungsfunktion gilt es den Einsatzkräften der Abteilung Stadt näher zu bringen. Die bisherige Drehleiter verfügte über deutlich weniger Funktionen und Zubehör, die Bedienung ist gänzlich neu und der Hersteller ist ein anderer. Kein Wunder, dass die Einweisung in das neue Fahrzeug für die rund dreißig Drehleitermaschinisten der Abteilung bis zu acht Stunden dauert. Denn zwar kann die neue Leiter technisch einige Einsatzszenarien mehr abdecken – ohne eine umfassende Ausbildung ist das für die Einsatzkräfte aber nicht möglich.

Mittlerweile ist eine ausreichende Anzahl an Drehleitermaschinisten auf das Fahrzeug eingewiesen worden, sodass diese nun in den Dienst gestellt werden konnte. Auch ist geplant, die bisherige Leiter als Reserve- und Ausbildungsfahrzeug bis Sommer 2018 vorzuhalten. Damit soll gewährleistet werden, dass die erforderlichen Ausbildungsmaßnahmen final abgeschlossen werden und Erfahrungen mit dem neuen Einsatzgerät gewonnen werden können. Da die Erfahrung der letzten Ersatzbeschaffungen zeigt, dass neue Fahrzeuge für Feineinstellungen immer mal wieder ins Werk zurückmüssen, sollen Ausfallzeiten durch das Vorgängerfahrzeug kompensiert werden.