Hitze, Ramadan und ein Wettlauf mit der Zeit
18. August 2012 | Von Feuerwehr Weinheim
Täglich wird es in den Nachrichten gemeldet. Menschen fliehen aus Syrien vor Kämpfen und Bombardements. Der Nachbarstaat Jordanien steht vor einem großen Flüchtlingsproblem. In kürzester Zeit müssen Lager und Camps für die Geflohenen eingerichtet werden. Helfer der Vereinten Nationen und Unicef sind im Einsatz, darunter Bernd Guthier aus Weinheim.
Die Anfrage kam am 24. Juli von der THW-Leitung aus Bonn. Zunächst war von einer Unterstützung für die deutsche Botschaft in Beirut die Rede. Einen Tag später folgte um 9 Uhr der Einsatzbefehl für Bernd Guthier. Um 14 Uhr ging sein Flug von Frankfurt nach Amman. Wie gut, dass der gepackte Koffer für alle Fälle immer im Keller steht. „Wir Helfer müssen innerhalb von sechs Stunden einsatzbereit sein“, sagt der Weinheimer.
Der Wettlauf mit der Zeit ging im jordanischen Grenzgebiet weiter. Auf einem Militärgelände in Zatari, acht Kilometer von der Grenze nach Syrien entfernt, sollte, zusätzlich zu drei bestehenden kleineren Lagern, ein großes Camp aufgebaut werden. Helfer der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR und Unicef waren bereits vor Ort. Bernd Guthier leitete ein Team von neun THW-Helfern mit unterschiedlichen Qualifikationen. Vom Bauingenieur bis Abwasser- und Trinkwasserspezialisten war alles vertreten. Ihr Auftrag: die Wasserversorgung und der Aufbau von sanitären Anlagen. „Es stellten sich verschiedene Probleme gleichzeitig“, erzählt Guthier. Der Flüchtlingsstrom fließt vor allem in der Nacht. Am nächsten Morgen sind täglich zwischen 200 und 800 Kinder, Frauen und Männer ins Camp zu integrieren. Innerhalb von zwei Wochen – so lange dauerte Guthiers Einsatz – war die Zahl auf 4000 Flüchtlinge angewachsen; Menschen, die nur mit dem Nötigsten ankommen, die nicht wissen, wie ihre Zukunft aussehen wird.
Der Weinheimer Helfer hatte nicht viel Zeit, sich mit Einzelschicksalen zu beschäftigen. Mehrmals am Tag waren in Teambesprechungen Entscheidungen zu treffen. Von einem 40 Kilometer entfernten Brunnen musste Wasser geordert werden. Ein Händler brachte es in Tankfahrzeugen heran. Durch den Ramadan waren die Arbeitszeiten eingeschränkt. Wichtig für Moslems sind in der Fastenzeit auch rituelle Waschungen. „Deshalb haben wir den Wasser-Tagesbedarf von 15 auf 50 Liter pro Person erhöht“, erklärt Bernd Guthier. Bis die zentrale Wasserversorgung aufgebaut war, musste das kostbare Gut in riesigen, 10 000 Liter fassenden Wassersäcken aufbewahrt werden. Bei 40 Grad Tagestemperatur erhitzte es sich. Zäune und ein Sonnenschutz wurden um die großen Wasserbehältnisse gebaut. Noch besser zu kühlen ist Wasser in Tonkrügen, die zur Hälfte in die Erde eingegraben werden. Auch ihre Beschaffung war schwierig angesichts der benötigten Mengen.
Auch bei den Sanitäreinrichtungen ging es schrittweise voran. Dixi-Toiletten waren nur eine Zwischenlösung, bis Wasch-Zelte mit Toiletten und Duschen sowie gemauerte Gebäude für die Verrichtung der Notdurft entstanden. Probleme erfassen, kalkulieren, entscheiden, und das alles unter Zeitdruck, in sengender Hitze und in Erwartung der nächsten Windhose. Die Sandstürme waren nicht nur schmerzhaft für Haut und Augen. Wenn sie das Lager trafen, mussten Zelte repariert werden. Vor einer Woche kehrte Bernd Guthier wieder zurück, und am Kerwemontag hatte er es wieder mit Wasser zu tun. Zusammen mit seinen Eltern und Familie stand er bei der Regatta im Gerberbach und fischte die Boote der Kinder beim Zieleinlauf aus dem Wasser. Was für ein Kontrastprogramm!
Quelle Weinheimer Nachrichten dra
