Blitz-Licht am Tunnel-Ende
4. Dezember 2010 | Von Feuerwehr Weinheim
Die Lichterkette sorgt im Schlossbergtunnel dafür, dass niemand im Dunkeln tappt. Doch man sollte sich nicht täuschen: Die Straßenverkehrsordnung verlangt, dass man das Abblendlicht einschaltet – und die Stadt kontrolliert dies sehr „erfolgreich“. Spötter sprechen schon vom „Hessen-Zoll“, den Weinheim neuerdings erhebt. Denn in der Tat dürften die Verkehrskontrollen im Schlossbergtunnel vor allem die Nachbarn aus dem hessischen Gorxheimertal und aus Abtsteinach treffen.
Dabei geht es allerdings nicht um Tempokontrollen, sondern ums Licht. Denn auch in dem gut beleuchteten und nur 172 Meter langen Schlossbergtunnel müssen Autofahrer eigentlich immer das Abblendlicht einschalten. Ein entsprechendes Verkehrsschild („Licht an!“) weist an beiden Tunneleingängen auch darauf hin. Geregelt ist das gleich in zwei Paragraphen der Straßenverkehrsordnung (§§ 42 und 49) – wie Licht-Sünder dem Anschreiben der Stadt Weinheim entnehmen können. Darin erfährt man auch, dass diese Ordnungswidrigkeit zehn Euro kostet.
Eine lukrative Einnahmequelle für die Stadt Weinheim, wenn man auf die sogenannte Beanstandungsquote schaut, die bei der ersten Kontrolle anscheinend über 50 Prozent lag. Binnen einer Stunde ging am 29. September 130 Autofahrern (wenn auch nachträglich) ein Licht auf, weil sie das Abblendlicht nicht eingeschaltet hatten. Das waren im Schnitt mehr als zwei Knöllchen pro Minute und brachte 1300 Euro in die Stadtkasse.
„Ohne Licht ein Sicherheitsrisiko“
Doch dem Bürger- und Ordnungsamt geht es natürlich nicht ums Geld, sondern um Verkehrserziehung. Das wird in der Stellungnahme der Verwaltung deutlich, die unsere Zeitung auf Anfrage erhielt. Dort heißt es wörtlich: „Die hohe Quote der Nichtbeachtung, also der Autos im Tunnel ohne Licht, macht die Sinnhaftigkeit der Kontrolle wohl deutlich. Autos ohne Licht stellen im Tunnel, ungeachtet seiner Länge, ein Sicherheitsrisiko dar. Die Verkehrsbehörde verweist darauf, dass in Richtung Stadt ja das Fahrradfahren auf der Straße im Tunnel erlaubt ist. Autos ohne Licht im Tunnel können Radfahrer leichter übersehen. Außerdem befindet sich gleich nach der Tunnelausfahrt sofort der vielbefahrene Kreisel und der Fußgängerüberweg, der wegen der Supermärkte viel von älteren Menschen, morgens und mittags auch von vielen Schulkindern genutzt wird. Ein Fahrzeug, das unbeleuchtet aus dem Tunnel kommt, wird von den Fußgängern deutlich später erkannt als eines, das mit korrekter Beleuchtung fährt.“
Das leuchtet durchaus ein. Dennoch reagierte die Stadt nicht auf die enorm hohe Beanstandungsquote der ersten Kontrolle, indem sie zum Beispiel die Öffentlichkeit über die Gefahren aufklärte, die das Fahren ohne Licht im Tunnel heraufbeschwört.
Stattdessen wurde am 11. November erneut eine Licht-Kontrolle angesetzt. Diesmal passierten zwischen 11.35 und 12.45 Uhr insgesamt 208 Fahrzeuge den Tunnel, davon 96 ohne Licht.
Das ergibt eine Beanstandungsquote von 46 Prozent und Einnahmen von 960 Euro innerhalb von 75 Minuten. Immer noch eine ganze Menge, aber etwas weniger als beim ersten Mal, was die Stadtverwaltung zu der Einschätzung bringt – Zitat: „Also hat die erste Kontrolle offenbar bereits gefruchtet.“ Gleichwohl unterblieb auch diesmal ein Hinweis an die Öffentlichkeit, mit dem man Autofahrer – kostenlos – auf die Licht-Pflicht hätte aufmerksam machen können.
Thema beim Weihnachtsmarkt
Doch mittlerweile gab es ja so viele Betroffene, dass sich dieses Thema auch ohne die Hilfe der Stadt herumgesprochen hat. Am vergangenen Wochenende war es zum Beispiel Gesprächsthema an dem einen oder anderen Glühweinstand auf dem Weihnachtsmarkt in Gorxheimertal. „Haben die nichts wichtigeres zu tun“ oder „wollen die auf diese Weise den teuren Tunnel refinanzieren“ waren nur einige der sarkastischen Kommentare, die man dort hören konnte.
Andere schmunzelten freilich über den „Hessen-Zoll“, weil ihr Auto von ganz alleine das Licht einschaltet, wenn es ein wenig dunkler wird. „Endlich weiß ich, wozu diese Automatik gut ist“, freute sich ein Autofahrer, der gleich mal hochrechnete, nach wie vielen Tunneldurchfahrten sich dieses „Extra“ amortisiert hat.
Man darf gespannt sein, ob künftig die Beanstandungsquote weiter zurückgeht. Aus Gründen der Sicherheit seien jedenfalls auch in Zukunft Licht-Kontrollen im Schlossbergtunnel jederzeit denkbar, heißt es aus dem Rathaus.
Eine zeitgleiche Geschwindigkeitsmessung wurde dort bisher übrigens noch nicht durchgeführt, weil diese – Zitat – „so kurz vor der Einmündung in den Kreisverkehr aller Voraussicht nach keine Überschreitungen nach sich ziehen würde“. Ein Schelm, wer dabei zuerst ans Geld denkt. pro
Artikel Weinheimer Nachrichten vom: 03.12.2010 Bild: Rittelmann
