Wenn Trinkwasser zu Gold wird
13. Februar 2010 | Von Feuerwehr Weinheim
Einsatz auf Haiti: Der Weinheimer THW-Helfer Bernd Guthier schildert seine Erlebnisse im Erdbebengebiet / Gute Koordination und ausgeklügeltes Sicherheitssystem. Bernd Guthier klickt durch die Bildergalerie. Auf seinem Laptop erscheinen Szenen, die sich im THW-Helfer aus Weinheim tief eingeprägt haben. Immer wieder Trümmerfelder, Transportflugzeuge, Menschen zwischen Mauerresten, Camps mit Zelten, blaue Wasseraufbereitungsanlagen. „Die Kinder lachen wieder“, sagt er
, als einige kleine Haitianer in die Kamera schauen, und seine Stimme klingt erleichtert. Während der drei Einsatzwochen im Erdbebengebiet hat Guthier – er ist Mitglied des THW-Heidelberg – keinen Toten sehen müssen. „Das wäre nicht das Schlimmste gewesen“, sagt er. Schwerer war es für ihn zu sehen, wie ein jugendliches Mädchen nach tagelanger Anfahrt mit offenem Bruch an ihm vorbei in eine Krankenstation ging und mit einem Bein weniger herauskam. Eine Folge der Katastrophe, die viele ereilt hat. Auch Waisenkindern in die Augen zu schauen und zu wissen, dass ihnen der erste Flug ihres Lebens bevorsteht und dass sie in Deutschland zum ersten Mal Schnee sehen werden, was sie sich noch gar nicht vorstellen können, wird ein unvergessliches Erlebnis bleiben. Da ist es gut, dass Bernd Guthier noch eine andere Gewissheit nach Weinheim zu seiner Familie zurückgebracht hat: Er konnte sein in vielen Lehrgängen erworbenes Wissen als Katastrophenhelfer zum ersten Mal anwenden und damit Tausenden von Menschen helfen. In der Hauptstadt Port au Prince hat er ein Camp für die internationale UN-Helfertruppe aufgebaut und in der deutschen Botschaft den Einsatz aller deutscher Hilfskräfte mit koordiniert, einschließlich der Verteilung eines 75 Tonnen schweren Gütertransports. Dank ihm standen unter anderen Wasseraufbereitungsanlagen, Schweißgeräte, Bohrmaschinen oder Elektriker-Werkzeug zur Verfügung.
150 Kubikmeter Wasser täglich
Die Wasseraufbereitung wurde für Bernd Guthier und Mitstreiter dann auch in der 80 000-Einwohner-Stadt Leogane zur zentralen Aufgabe. Der Weinheimer baute sie mit auf. Es wurden Wasserproben entnommen, die Keime behandelt und dann pro Tag 150 Kubikmeter Trinkwasser produziert. Rund 75 Prozent der Bewohner von Leogane konnten so versorgt werden. „In solchen Situationen wird Wasser zu Gold“, sagt Guthier. Nur so kann der drohenden Seuchengefahr begegnet werden. Später stellte der THW auch Haitianer als Hilfskräfte an, bildete einige Einheimische auch für die Überwachung der Wasseranlagen aus. Bernd Guthier: „Die Haitianer waren sehr engagiert. Wenn wir sagten, morgen geht es um 9 Uhr los, fragten sie, warum nicht schon um 8 Uhr?“ Im Alltag erlebte der Weinheimer die Einheimischen eher als zurückhaltend, nie als aggressiv. Verständnis zeigt er angesichts des Hungers, dass schon mal Lebensmittel von einem Hilfstransport genommen wurden, sobald er in die Nähe eines Notlagers kam. „Vielleicht würde ich in einer solchen Lage ähnlich handeln, wenn meine Familie Hunger leidet.“ Der Einsatz der deutschen Hilfskräfte war gut koordiniert. Per Mail, Handy und Satellitentelefon standen die verschiedenen Trupps in gutem Kontakt. So konnten die benötigten Materialien beim Aufbau immer an die richtige Stelle kommen. Der Weinheimer sah, dass die von Spendengeldern angeschafften Dinge auch sinnvoll eingesetzt wurden. Dank der guten Koordination und eines ausgeklügelten Informationssystems war auch seine Sicherheit zu jedem Zeitpunkt gewährleistet. Guthier: „Wenn wir uns weiter wegbewegten, wussten immer mehrere Leute, wo wir uns gerade befanden.“ Als seine Mission sich dem Ende näherte, stellte sich in seiner Einsatzregion auch wieder Alltag auf Haiti ein. An den Straßenrändern tauchten wieder Händler auf. Einige Schulen wurden wieder geöffnet. Aber das nächste Problem steht schon bevor. Bis im Mai und Juni, wenn auf der Insel die Regenzeit einsetzt, müssen die Abwasserkanäle wieder vom Schutt befreit und ausgebessert sein. Das THW wird noch sechs Monate im Einsatz sein. Die Hilfskräfte werden alle vier Wochen ausgetauscht.
Am Flughafen betreut
Die Rückreise für Bernd Guthier begann mit einer Autofahrt von Port au Prince nach Santo Domingo, der Hauptstadt des Nachbarstaates Dominikanische Republik. Während auf Haiti alles in Schutt und Asche liegt, stehen dort feine Hotels. Dann ging es mit dem Flugzeug direkt nach Frankfurt, wo Guthier gleich nach der Landung betreut wurde, einschließlich eines Psychologengesprächs, in dem abgeklärt wurde, ob der Helfer Situationen erlebt hat, mit denen er nicht fertig werden kann. Aber Bernd Guthier hat alles gut überstanden. Kaum zu Hause, bekundete RNF-Life Interesse an einem Interview mit ihm im lokalen Fernsehen. Und Innenminister Thomas de Maizière wird er Ende Februar bei einem Empfang für die Helfer in der Hauptstadt Berlin auch kennen lernen
Bernd Guthier´s Weg beim Technischen Hilfswerk
Bernd Guthier ist seit 1987 Helfer beim THW in Heidelberg.
Er absolvierte eine Zusatzausbildung zum Bergungshelfer und wurde Zugführer des Technischen Hilfswerks.
Im Jahr 2000 wurde er Mitglied der Fachgruppe Führung und Kommunikation des THW-Heidelberg.
Im Jahr 2006 erwarb er sich bei einer EU-Zivilschutz-Zusatzausbildung im Bereich Medien und Security die Qualifikation für internationale Hilfseinsätze.
Quelle Weinheimer Nachrichten
