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„Es ist ein geben und nehmen“

19. August 2020 | Von

Weinheim. Ist sie eigentlich ein Oberbrandmeister oder eine Oberbrandmeisterin? Kerstin Baumann schaut auf die zwei silbernen Sterne auf ihrer Schulterklappe, dann fragend zu ihrer Kameradin Miriam Kain. Beide zucken mit den Schultern und stellen gemeinsam fest: „Das ist eigentlich egal.“ 

Die beiden aktiven Frauen der Freiwilligen Feuerwehr Weinheim, Abteilung Stadt, sind nicht nur in diesem Punkt einer Meinung. Sie haben einen ähnlichen Weg in ihrer Feuerwehr durchlaufen und einige Parallelen. Wenn man so will, wurde ihnen das Feuerwehr-Gen in die Wiege gelegt. Kerstin Baumanns Vater war Zugführer und gehörte zu den Mitgründern der Jugendfeuerwehr Lützelsachsen. Dort trat sie 1990 mit zwölf Jahren in die Jugendfeuerwehr ein, wechselte aber schon drei Jahre später zur Jugend der Abteilung Weinheim-Stadt. Dort genoss bereits Miriam Kain die Kameradschaft unter Jugendlichen, und die ist bis heute ein ganz wichtiger Aspekt geblieben, der auch die Erwachsenen in der Aktivenabteilung zusammenschweißt. 

Miriam Kain hieß damals noch Eberle und trug damit einen in Weinheimer Feuerwehrkreisen wohlbekannten Namen. Ihr Vater Günther Eberle ist Hauptbrandmeister und gilt als zuverlässiger Archivar auch als „Hüter der Weinheimer Feuerwehrgeschichte“. 

Einsatzbereit und zuverlässig 

Von Anfang an fühlten sich die Mädchen in der gemischten Jugendfeuerwehr gut aufgenommen. Dazu seien gar keine breiten Schultern nötig gewesen, und schließlich zeigten die Kameradinnen auch von Anfang an beispielhaften Einsatz und Zuverlässigkeit. „Mich interessierte sogar das technische Verständnis und handwerkliche Geschick, das bei der Feuerwehr verlangt wird“, erinnert sich Kerstin Baumann an die Jugendfeuerwehr zurück. Beim Schlauchkuppeln stand sie den Jungs jedenfalls in nichts nach. 

Kerstin Baumann (links) und Miriam Kain sind ein gutes Beispiel für jahrzehntelanges ehrenamtliches Engagement für die Gesellschaft und die Sicherheit der Bevölkerung. Bild: Philipp Reimer

Jung, motiviert und wild 

Es gibt immer wieder Ereignisse im Werdegang einer Feuerwehrfrau, die sie so schnell nicht vergisst. Miriam Kain erinnert sich noch heute gut an das Gefühl, als es ihr beim Grundlehrgang bei der Menschenrettung nach einem Unfall zum ersten Mal gelang, ein Auto zu zerlegen. Bei ihrem ersten aktiven Einsatz löschten sie dann in der Weidsiedlung einen brennenden Bauernhof. 

„Mit 18 ist man jung, motiviert und wild“, denkt Kerstin Baumann an die Zeit zurück, als die beiden Freundinnen gemeinsam ihren Atemschutzlehrgang bestanden und die beiden frischgebackenen aktiven Feuerwehrfrauen in der Zeitung für Schlagzeilen sorgten. Das ist jetzt 24 Jahre her. Miriam Kain ist heute Hauptfeuerwehrfrau, Kerstin Baumann ist sogar Zugführerin und hat in dieser Position bei einem Einsatz 24 Männer unter sich, die sich auf zwei Löschfahrzeuge, das Leitfahrzeug und die Drehleiter aufteilen. Allerdings hat die 42-jährige Mutter einer Tochter ebenso wie die gleichaltrige Kameradin Miriam – Mutter von zwei Kindern – den aktiven Dienst wegen der Familie reduziert, zumal auch die Ehemänner im Notfall ausrücken. „Einer muss ja beim Kind bleiben“, sagt Baumann. 

„Das Risiko, beide Elternteile auf dem gleichen Löschfahrzeug einzusetzen, würden wir auch nicht eingehen, denn jeder Einsatz kann lebensgefährlich werden“, fügt Ralf Mittelbach hinzu. Der Kommandant der Abteilung Stadt ist voll des Lobes für die beiden Feuerwehrfrauen, die auch als Jugendfeuerwehrwartinnen oder als Leiterinnen bei der Kinderfeuerwehr ehrenamtlich Besonderes leisteten. Auch als Trainerinnen von Jugend- und Erwachsenengruppen für Leistungsabzeichen und -spangen haben sie sich schon auf herausragende Weise in den Dienst von Feuerwehr und damit auch der Bevölkerung gestellt. 

„Es ist ein Geben und ein Nehmen“, sagen beide bescheiden und übereinstimmend. Ralf Mittelbach würde sich mehr Frauen und Männer wünschen, die in der Gesellschaft eine ähnliche Einstellung haben. „Bei den aktiven Einsatzkräften fehlt es uns besonders im Bereich der zwischen 40 und 50 Jahre alten Aktiven“, sagt er. „Ich befürchte, dass wir da noch große Probleme bekommen werden, denn wir brauchen als Freiwillige Feuerwehr viele Aktive, um einsatzkräftig zu bleiben. Einem Rückgang der Aktivenzahlen müssen wir begegnen.“ 

Frauen sind bei der Freiwilligen Feuerwehr voll integriert. Am Beispiel von Miriam Kain und Kerstin Baumann wird das deutlich. Ihren Beitrag haben beide in der Vergangenheit längst geleistet, und es ist sogar davon auszugehen, dass sie weiter wichtige Impulse für das Team der ehrenamtlichen Helfer geben werden. Kerstin Baumanns 14-jährige Tochter Anna ist in der Jugendfeuerwehr.

Quelle: Weinheimer Nachrichten vom 19.08.2020