Feuerwehr fährt Asylbewerber zum „Alex“ – Willkommenskultur läuft auf Hochtouren
30. Juli 2015 | Von Rhein-Neckar-Zeitung
Weinheim. (keke) Die aus Nigeria stammende und der Ethnie der Igbos angehörige Lehrerin für Bühnenunterhaltung Noeline Chiamaka Opara weiß, wie man Menschen in Stimmung versetzt. Sie stimmte zur Begrüßung den Song „Welcome everybody, keep happy“ an – und brach damit auch die letzten Barrieren. Gastronom Alexandros Efremidis und seine Ehefrau, SPD-Stadträtin Stella Kirgiane-Efremidis, hatten die vor gut einer Woche in Weinheim angekommenen und im ehemaligen G.U.P.S.-Hotel untergebrachten 58 Asylbewerber und deren Kinder am Sonntag zum Abendessen in ihr Restaurant eingeladen.
Für die Fahrt von der Unterkunft zum „Alex“ hatten Angehörige des Arbeitskreises Asyl und des Netzwerks Asyl Weinheim für Integration (Nawi) einen Shuttleverkehr organisiert. Die Freiwillige Feuerwehr hatte zwei ihrer Einsatzfahrzeuge zur Verfügung gestellt, was vor allem bei den Kindern der Flüchtlinge für große Augen sorgte – obwohl Blaulicht und Sirenen aus blieben.
„Beim Alex“ hatte das Küchenteam in der Zwischenzeit einen griechischen Salatteller, Hähnchenspieße mit Reis und Pommes, Zaziki sowie zum Nachtisch für alle eine Portion Eis mit Sahne vorbereitet. Bei der namentlichen Vorstellung der „Bedienungen“ staunten die Gäste aus Albanien, Nigeria, Togo, Kamerun, Syrien, der Türkei, dem Kosovo, dem Iran und dem Irak: Zwar trägt Heiner Bernhard seinen „Ober“-(Bürgermeister) Titel mit Stolz und Würde. Als „geschulte“ Servier- und Kassenkraft war er bisher allerdings nur im Einsatz, wenn Familie Efremidis zum Benefizessen für Einrichtungen der Behindertenhilfe eingeladen hatte.
Die Lebensgeschichte seines Großvaters ist ein Grund dafür, dass Alexandros Efremidis die Flüchtlinge in sein Gasthaus einlud. Auch der Großvater sei 1941, mitten im Zweiten Weltkrieg, Flüchtling gewesen – und habe von anderen Menschen uneigennützige Hilfe erfahren, erzählte Efremidis später.
„Wir sind eine für alle Menschen offene Stadt. Wir hoffen mit Ihnen, dass Sie in Weinheim gute Lebensverhältnisse für sich und Ihre Familien vorfinden“, so Bernhard zu den Gästen. Dass auch die unmittelbare Nachbarschaft funktioniert, hatten die Menschen bewiesen, die spontan Spielsachen und Kleidung zur Verfügung stellten. „Woran es noch mangelt, sind vor allem Büstenhalter und lange Gewänder für Frauen muslimischen Glaubens“, haben Jugendgemeinderätin Frieda Fiedler und Jori Kern vom „Bündnis gegen Rechts“ herausgefunden.
Die Ehrenamtlichen hoffen auch, dass die Waschmaschinen im Keller der Unterkunft rasch angeschlossen werden. Man müsse Geduld aufbringen, mahnte der Grünen-Landtagsabgeordnete Uli Sckerl. Der Kreis sei angesichts der großen Zahl der täglich Ankommenden „restlos überfordert“.
Dankbarkeit für Unterbringung im Ex-Hotel
Daher habe die Landesregierung eine Aussetzung des Sieben-Quadratmeter-Wohnanspruchs pro Flüchtling ins Auge fassen müssen, so Sckerl. Die Regierung wolle zunächst beim Mindestanspruch von viereinhalb Quadratmetern pro Person bleiben.
Die Neu-Weinheimer Takpa Tahaaga Libanbani und Saibou Ali aus Togo, der Kameruner „Apollon“ und alle anderen wüssten es im hohen Maße zu schätzen, im „Paradies-Hotel“ wohnen zu dürfen. Daraus machten sie gegenüber Hohensachsens Ortsvorsteherin Monika Springer sowie Elfi Rentrop und Albrecht Lohrbächer vom AK Asyl keinen Hehl.
Quelle: Rhein-Neckar-Zeitung vom 28.07.2015