Hauptversammlung der Feuerwehr
20. März 2004 | Von Feuerwehr WeinheimAuch an der Feuerwehr gehen die finanziell nicht gerade leichten Zeiten der Stadt nicht spurlos vorbei. Worauf Stadtbrandmeister Reinhold Albrecht gestern Abend im Zuge der Hauptversammlung aller Feuerwehrabteilungen Weinheims in der Mehrzweckhalle in Hohensachsen auch deutlich hinwies. Zudem kritisch: Die Feuerwehr verzeichnet immer mehr Einsätze bei zurückgehender Aktivenzahl. Aber keine Bange: Die Bürger konnten sich auch im vergangenen Jahr jederzeit auf ihre Feuerwehr verlassen. „Feuerwehrangehörige sind Grenzgänger der Nächstenliebe. Leben und Tod, Trauer und Trost gehören zum Spektrum der Erfahrungen unserer Feuerwehrangehörigen im Einsatz“, so der Stadtbrandmeister zu Beginn seines Berichts. Es sei nicht normal, alltäglich oder problemlos, was die Feuerwehr bewältigen müsse: „Und wir dürfen nicht allein gelassen werden, wenn wir selbst wegen unseres Engagements für den anderen in Not geraten“. Was man nicht nur auf die Einsätze selbst beziehen kann, sondern auch auf die finanzielle Situation. Albrecht: „Ich warne an dieser Stelle ausdrücklich davor, weitere Einsparungen bei der Feuerwehr vorzunehmen! Alle Einsparungen gehen zu Lasten der Sicherheit unserer Bürger“. Die Sicherheitsstandards in Bezug auf die Einsatzfähigkeit der Feuerwehr bezeichnete er als „befriedigend bis gut“. Sollten es jedoch weitere Einsparungen im Bereich des Verwaltungshaushaltes, wie etwa bei den Unterhaltungskosten oder Ausbildungskosten, geben, sehe er sich nicht mehr in der Lage, einen nach dem Feuerwehrgesetz geordneten Feuerwehrdienst aufrecht zu erhalten. Diese Botschaft war eindeutig. Im Vermögenshaushalt stünden in den nächsten zehn Jahren Fahrzeug-Ersatzbeschaffungen mit einem Volumen von etwa 3,9 Millionen Euro an. Dabei gelte es, Fahrzeuge zu ersetzen die mittlerweile 30 Jahre und älter sind. Dem Gemeinderat werde im Laufe des Jahres ein „Feuerwehrkonzept“ vorgelegt, kündigte Albrecht an. Darin werde detailiert die Situation und die Zukunft der Weinheimer Feuerwehr geschildert, die im vergangenen Jahr jede Menge zu tun hatte. 590 Feuerwehreinsätze, Hilfeleistungen und Sicherheitswachen musste sie leisten, davon 117 Brandeinsätze, 203 technische Hilfeleistungen, 31 Einsätze „Gefahrgut/Umweltschutz/Strahlenschutz und sonstige Einsätze“, neun Tierrettungseinsätze, 90 Fehleinsätze und durch Brandmeldeanlagen ausgelöste Einsätze sowie 140 Sicherheitswachen. Vergleicht man diese Zahl mit der des Jahres 1993 (307 Einsätze), so ist die Einsatzbelastung um fast das Doppelte gestiegen. In den 590 Einsätzen kamen genau 8936 Stunden ehrenamtlichen Einsatzes zusammen. Hier macht der Stadtbrandmeister stets gerne seine Stundenlohn-Rechnung auf, die nicht minder beeindruckt: Würde man die Stunden mit einem Satz von 45 Euro (Albrecht: „Ist in der Industrie üblich“) pro Feuerwehrmann multiplizieren, so wäre die Arbeitsleistung etwa 402120 Euro wert. Aber: Ist ja alles ehrenamtlich. Rechnet man noch die etwa 6000 Stunden für die Ausbildung hinzu, dann macht das alleine etwa 270000 Euro. „So ergibt das einen Gesamtbetrag von etwa 672120 Euro, die wir als ehrenamtliche Leistung für die Stadt erbringen“, rechnete Albrecht. Zeitgleich zum Anstieg der Einsatzzahlen sank die Zahl der Aktiven: Hatten die Wehr im Jahr 1993 etwa 360 aktive Angehörige, so sind es zum 31. Dezember 2003 nur noch 324 gewesen – davon 304 männlich, 20 weiblich. Dazu Albrecht: „Die enorme Einsatzbelastung im Alltag unserer ehrenamtlich tätigen Feuerwehrangehörigen und die damit verbundenen Schwierigkeiten bleiben der Bevölkerung und unseren politischen Vertretern meist verborgen“. Die Aktiven seien auch kaum Thema in Sitzungen des Gemeinderats oder in „Politiker-Reden“, „da ja immer vom gut funktionierenden System die Rede ist“. Im Personalstand wurden Ende Dezember 609 Angehörige der Weinheimer Feuerwehr gezählt. Das Durchschnittsalter beträgt 42,4 Jahre, das der aktiven Mannschaft 37,8 Jahre. Auch die Personalsituation bewertete Albrecht kritisch. Bundesweit verzeichneten die Wehren einen Trend zum Personalrückgang, für den der Stadtbrandmeister zwei Hauptgründe ausmachte: Die Sorge um den Verlust des Arbeitsplatzes wegen häufiger Fehlzeiten im Rahmen von Feuerwehreinsätzen und Ausbildungsmaßnahmen sowie die gesellschaftspolitische Haltung innerhalb der Bevölkerung. Der Negativ-Trend sei auch in Weinheim zu verzeichnen. Gerade tagsüber seien die Abteilungsfeuerwehren nur minimal besetzt. So stünden im Stadtgebiet werktags nur etwa 50 Feuerwehrangehörige für Einsatzzwecke zur Verfügung. Besonders kritisch sei die Situation in Rippenweier, Ritschweier und Oberflockenbach. Die Einführung der gemeinsamen Alarmierung hat sich da bestens bewährt. In Sachen Ersatzbeschaffung hielt sich Albrechts Tadel nicht nur in Grenzen, er dankte Gemeinderat und Verwaltungsspitze dafür, dass die Mittel für neues Material und moderne Einsatzgeräte im Berichtsjahr durch die Stadt bereitgestellt wurden – wenn auch eingeschränkt. Weinheims führender Feuerwehrmann zeigte sich auch zufrieden mit dem Ergebnis der Umstrukturierung der Dezernate. Seit Rudi Glocks Ausscheiden aus der Verwaltungsspitze ist die Feuerwehr unter der Obhut des Ersten Bürgermeisters Dr. Wolfgang Androsch. Diese Entscheidung sei richtig gewesen, so Albrecht, der anschließend folgende Mitglieder der Jugendfeuerwehr in die aktive Wehr übernahm: Richard Meier, Sascha Pröhl (Stadt), Benjamin Winterbauer, Patrick Schuchardt (Sulzbach), Carmen Karr, Linda Springer, Nicole Sander (Lützelsachsen-Hohensachsen), Jochen Weih (Oberflockenbach), Nadine Bitsch, Nathalie Gramlich, Eva Maria Mossmüller, Jiliana Rost, Jürgen Müller, Simon Schmitt, Sebastian Fietz (Rippenweier). Die lange Liste zeigt: Auch die Jugendarbeit bei der Feuerwehr kann sich sehen lassen.