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Bei Einsätzen besteht Infektionsgefahr

12. April 2021 | Von

Weinheim. Wenn’s brennt oder kracht, Menschen mit der Drehleiter gerettet, aus Autowracks herausgeschnitten werden müssen, oder wenn Tragehilfe erforderlich wird: Immer ist auf die Freiwillige Feuerwehr Verlass. Zu jeder Tages- und Nachtzeit sind die Männer und Frauen auf Abruf, um zu helfen. Und das auch in Zeiten einer Corona-Pandemie.

Oft kommen die Helfer bei ihren Einsätzen in direkten Kontakt mit Menschen. Abstände können nicht eingehalten werden. Alleine am vergangenen Samstag wurde die Feuerwehr zu drei Türöffnungen alarmiert. Geimpft sind nur die wenigsten Feuerwehrleute, denn in der Impfpriorisierung stehen sie erst in Gruppe 3, und bis die an die Reihe kommt, dürften noch einige Wochen ins Land gehen.

Lösung bei Atemschutzstrecke

Deshalb riskieren sie im ehrenamtlichen Einsatz immer wieder, sich mit Covid-19 zu infizieren. „Das darf eigentlich nicht sein“, findet auch Ralf Mittelbach, Weinheims stellvertretender Kommandant für die Gesamtfeuerwehr mit Weinheim-Mitte und den Stadtteilen. Mittelbach: „Der Grundschutz in Deutschland, insbesondere der durch die Feuerwehren, wird zu 98 Prozent durch Ehrenamtler gedeckt. Die nächsten Berufsfeuerwehren mit bereits geimpften Kameraden gibt es in Heidelberg und Mannheim. Wir würden uns wünschen, weiter vorne in der Priorität beim Impfen zu stehen. Das ist nicht so glücklich gelaufen. Es ist schwierig für uns, vor allem für uns in Führungspositionen.“

Der Übungsbetrieb läuft seit dem vergangenen Jahr online, sogar Objektbegehungen finden auf diese Weise statt, ebenso der Feuerwehrsport. Praxis: Fehlanzeige.

Immerhin hatte man für die Atemschutzstrecke eine Lösung gefunden, um trotz Corona die Kenntnisse der Atemschutzträger praktisch aufzufrischen. Zusammen mit den Wehren aus Laudenbach, Hemsbach und Hirschberg mietete man sich einen Lkw mit mobiler Atemschutzstrecke – ein Novum im Rhein-Neckar-Kreis. Im nächsten Schritt sollten über Ostern eigentlich auch wieder Präsenzübungen durchgeführt werden, doch da grätschten steigende Inzidenzwerte und Lockdown dazwischen. Im Mai hofft man, einen neuen Anlauf starten zu können.

„Mittlerweile stoßen wir an Grenzen. Feuerwehr ist ein Handwerk. Handwerker müssen auch etwas in der Hand haben“, bringt es Mittelbach auf den Punkt. Die Lösung wäre, die Feuerwehrleute zu impfen. „Dann könnten wir auch wieder üben“, so der Kommandant.

Schließlich gebe es auch Einsätze in Pflegeeinrichtungen. Für die habe man besondere Schutzkonzepte entwickelt, denn schließlich wolle man das Virus auch nicht in eine Einrichtung hineintragen. Und: „Es gab auch schon Einsätze in Einrichtungen, die unter Quarantäne standen. Wir müssen da aber rein. Das verstehen unsere Feuerwehrleute nicht mehr.“

Eine weitere Gefahr: Ist ein Aktiver der Feuerwehr Corona positiv, müssen Kameraden mit in Quarantäne. Die ganze Truppe wird dann zahlenmäßig geschwächt. Mittelbach: „Wenn wir üben, dann natürlich nur in Kleingruppen, damit die Einheiten überschaubar bleiben, die dann eventuell ausfallen könnten.“

Eine Staffel pro Auto

An den Einsatzstellen greifen die Hygienekonzepte. Pro Auto fährt maximal eine Staffel, bestehend aus sechs Mann, mit. Alle tragen FFP2-Schutzmasken. Im Freien sind alle angehalten, Abstand zu wahren – soweit das möglich ist. Gibt es Feuerwehrleute, die bereits geimpft sind? „Von 264 Kameradinnen und Kameraden in Weinheim und den Stadtteilen sind es gerade mal 28.“ Impfberechtigt sind aktuell nur Feuerwehrleute mit Sanitätsausbildung und aus anderen medizinischen Berufen. „Als die Krise begann, waren wir systemrelevant. Wir sollten helfen“, erinnert Ralf Mittelbach. Auch beim Aufbau des Kreisimpfzentrums wurde auf die Feuerwehr und das THW zurückgegriffen. „Wir sahen das kritisch, waren aber hilfsbereit. Es hat uns verwundert. Vieles wurde in Form von Messebau aufgebaut, eine Branche, die im um ihre Existenz kämpft. Aber man hat auf das Ehrenamt zurückgegriffen. Beim Impfen hat man uns allerdings vergessen“, ist der Feuerwehrkommandant enttäuscht.

Inzwischen gibt es in ganz Deutschland einen riesigen Ausbildungsstau. Nach der Öffnung wird es einen Run auf die Ausbildungszentren geben. Auch die Jugendarbeit leidet immens. Online sei kein Ersatz für Präsenzübungen.

„Die Jugend will nicht nur vor dem PC sitzen, sie will auch Sport, Spaß und Spiel“, sagt Mittelbach. Momentan seien die Mitgliederzahlen noch relativ stabil, zumindest auf dem Papier, doch Bilanz kann erst gezogen werden, wenn wieder Präsenz möglich ist.

Dankbar ist Ralf Mittelbach für die starke Unterstützung durch die Stadt und ihren Krisenstab mit dem Feuerwehrdezernenten Dr. Torsten Fetzner und Oberbürgermeister Manuel Just. „Das ist vorbildlich“, lobt er. Was vom Land und vom Bund kommt bezeichnet er dagegen als „schwierig“ und „sehr schwerfällig“.

„Würden wir vieles nicht selbst organisieren, würden wir noch viel schlechter dastehen“, zieht er eine Zwischenbilanz aus den vergangenen Monaten. So habe man beispielsweise auch die Schnelltests selbst beschafft. „Wir arbeiten im Hintergrund auf Hochtouren, um den Regelbetrieb wieder auf den Weg zu bringen. Deswegen setzen wir auf Schnelltests, um zumindest in Kleingruppen bald wieder üben zu können.“

Gespräche für Impftermine

Auch der künftige Feuerwehrkommandant Bernd Meyer, der zum 1. Mai seine neue Aufgabe antreten wird, sei bereits mit eingebunden. Derzeit laufen Gespräche mit dem Kreis, um einen hoffentlich baldigen Impftermin für die Feuerwehr zu bekommen. Der Kreisbrandmeister sei da sehr bemüht. Aber solange die Freigaben vom Land nicht da sind, könne auch der Kreis nichts organisieren. „Wir wissen, dass viele Menschen durch Corona schwer krank sind und wollen beim Impfen nicht in Konkurrenzkampf mit anderen treten“, betont Ralf Mittelbach am Ende des Gesprächs. „Wir wollen nicht durchpreschen, denn es muss für alle passen. Aber man darf uns nicht so abhängen. Die Spätfolgen wird man nach Corona sehen.“ awa

Quelle: Weinheimer Nachrichten vom 12.04.2021