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Haarscharf dem Gefängnis entgangen

7. März 2008 | Von

Hirschberg/Weinheim. Ihr Gesicht wirkt versteinert, sie zeigt keinerlei Regung. Auch nicht, als das Urteil verkündet und ihr geistig behinderter Sohn zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung verur „Hirschberg/Weinheim. Ihr Gesicht wirkt versteinert, sie zeigt keinerlei Regung. Auch nicht, als das Urteil verkündet und ihr geistig behinderter Sohn zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt wird. Zusätzlich verordnet bekommt er eine zweijährige Therapie. Neben ihm auf der Anklagebank sitzt sein jüngerer Bruder. Er kommt glimpflicher davon: fünf Monate auf Bewährung und 50 Stunden Sozialarbeit lautet der Beschluss des Weinheimer Schöffengerichts. Die beiden Hirschberger Geschwister, 31 und 29 Jahre alt, müssen sich gestern wegen schwerer Brandstiftung in unterschiedlichen Fällen verantworten. Dem Jüngeren der beiden Angeklagten wird vorgeworfen, im April vergangenen Jahres im Keller der Kreispflege Weinheim einen Brand ausgelöst zu haben. Dort hatte er als Praktikant gearbeitet. Sein älterer Bruder soll gleich dreimal „“Feuerteufel““ gespielt haben. Er wird beschuldigt, in der Nacht vom 2. auf den 3. Februar 2007 eine Mülltonne mit Glasbehälter vor der Alten Turnhalle im Hirschberger Ortsteil Großsachsen und eine Mülltonne in einem um die Ecke liegenden Fahrradschuppen angesteckt zu haben. Zwei Monate später, im April, soll er außerdem in einer Mannheimer Einrichtung für Menschen mit Behinderung einen Schrank mit einer Kerze in Brand gesetzt haben. Größere Schäden entstanden bei allen Fällen jedoch nicht. Mit der Anklage gehen die Brüder unterschiedlich um. Während sich der 29-Jährige schon während der Ermittlungen kooperativ zeigte und ein umfassendes Geständnis ablegte, verweigert sein älterer Bruder in der Verhandlung dagegen zunächst jede Aussage. Auch die Mutter und Betreuerin des geistig Behinderten schweigt. Es geht nicht um harte Strafen „“Hier geht es weniger darum, gegen Ihre Söhne eine harte Strafe zu verhängen““, appelliert Richter Dr. Hans-Jörg Münchbach an das Verantwortungsbewusstsein der Frau. Im Vordergrund stehe vielmehr, der Serie an Bränden ein Ende zu bereiten. Er spielt damit auch auf einen Vorfall aus dem Jahr 2003 an, der die Reihe an Verdächtigungen rund um das Geschwisterpaar auslöste. Damals brannte der Dachstuhl des Alten Rathauses in Großsachsen komplett aus. Eine technische Ursache habe man schnell ausschließen können, berichtete gestern ein als Zeuge geladener Beamter der Kriminalpolizei Weinheim. Merkwürdige Häufung / Stattdessen geriet der Ältere der Brüder ins Visier der Ermittler. Er wurde verdächtigt, auf dem Dachboden des uralten Gebäudes gezündelt zu haben, um einem Mieterpaar einen Denkzettel zu verpassen. Dann soll das Feuer außer Kontrolle geraten sein. Anklage erhoben wurde aus Mangel an Beweisen jedoch nie. Münchbach spricht in diesem Zusammenhang von „“einer merkwürdigen Häufung von Bränden im näheren Umfeld der Großsachsener““, mit denen vor allem der 31-Jährige in Verbindung gebracht wird. Die Vermutung, dass der Anblick von Feuer oder Löschfahrzeugen den Angeklagten in freudige Erregung versetzen könnte, deckt sich allerdings nicht mit dem Gutachten, das Dr. Michael Zapp vom Psychiatrischen Zentrum Nordbaden in Wiesloch gestern vorlegte. Dafür geht aus dem Bericht des Sachverständigen hervor, dass der geistig Behinderte keinesfalls als vermindert schuldfähig oder gar schuldunfähig einzustufen ist. Diagnostiziert worden sei lediglich eine leichte Intelligenzminderung, sagt Zapp. Der Angeklagte sei sehr wohl in der Lage, Situationen zu erfassen und einzuschätzen. Schutz der Öffentlichkeit / Schließlich bricht der 31-Jährige sein Schweigen – er gesteht, eine Begründung liefert er jedoch nicht. Nur haarscharf entgeht er so dem Gefängnis. Denn ohne das Geständnis, ohne einen Funken Einsicht, „“hätten wir Sie auch in den Knast stecken können – der Schutz der Öffentlichkeit hätte das gerechtfertig““, urteilt Richter Münchbach am Ende eines rund sechsstündigen Gerichtstages. chr Quelle Weinheimer Nachrichten vom 07.03.2008″