Als es überall an allem mangelte, konnte die Feuerwehr auch nicht mit Schläuchen helfen
3. August 2007 | Von Feuerwehr Weinheim„Es war die Zeit, als es überall an allem mangelte, als die Firma Freudenberg ihre vordringlichste Aufgabe darin sah, mit Notprodukten dringende Bedürfnisse der Bevölkerung zu erfüllen. „“Bauchladenprod“ „Es war die Zeit, als es überall an allem mangelte, als die Firma Freudenberg ihre vordringlichste Aufgabe darin sah, mit Notprodukten dringende Bedürfnisse der Bevölkerung zu erfüllen. „“Bauchladenprodukte““ nannte Hans Freudenberg die Erzeugnisse, die in den ersten Nachkriegsmonaten die unzerstört gebliebenen Weinheimer Betriebe verließen: Dachschindeln und Bauplatten zur Reparatur von zerstörten Dächern und Wänden, Handtaschen und Schulranzen aus Kunstleder, Besen aus Marena, dem künstlichen Rosshaar, Sohlenschoner aus Kernleder-Abfallstücken, Knöpfe aus Kunstharz, Krückenkapseln und Gärverschlüsse aus Gummi, Pfannen aus Blech und natürlich das Simmer-Wägelchen, ein Fahrradanhänger aus Blech und Faserpappe, das die Weinheimer liebevoll „“Freideberg-Kärschel““ nannten. Im Festbuch zum 150-jährigen Bestehen der Unternehmensgruppe Freudenberg wurde 1999 an die Zeit erinnert, als Schuhe, Leder- und Gummisohlen wertvolle Tauschobjekte waren, als das für die Herstellung der Sohlen benötigte Kolophonium ausging und eine Truppe von 60 Mann zusammengestellt wurde, die in den Wäldern um Viernheim und Schriesheim die Bäume anritzten, den auftretenden Saft auffingen und ihn ins Nora-Werk gaben, wo er zu Kolophonium verkocht wurde. Es war auch die Zeit, da sich Gasthauszimmer erst nach dem Vorzeigen von Ledersohlen öffneten, als das Tauschgeschäft mit einer Saftfabrik, die Flaschenkappen aus Gummi brauchte, es mit sich brachte, dass es in der Werkskantine eine Woche lang Tomatensuppe gab. Ein Ausdruck der Nachkriegszeit waren auch die eigenartigen Briefe, die zwischen den Besatzungszonen hin- und herwanderten. Papier war knapp und deshalb wurde auf den Briefumschlag verzichtet, die Innenseite eines Briefbogens wurde beschrieben, dann zusammengefaltet, mit einer Art Papiersiegel verschlossen und außen mit der Anschrift versehen. Auf die Außenseite wurde auch die Briefmarke geklebt. Dieter Neitzel, Ehrenkommandant der Freiwilligen Feuerwehr Weinheim, besitzt einen solchen Brief, der vor 50 Jahren beim Umzug der Wehr in das neue Gerätehaus an der Grundelbachstraße wieder aufgetaucht war. Mit ihm fragte vor 60 Jahren der Plüschpantoffel- und Schuhhersteller Anton Furiath aus Helmstedt auch bei der Weinheimer Wehr nach unbrauchbaren Feuerwehrschläuchen, mit denen er seine Produktion sichern wollte: „“Im Interesse der Bevölkerung, die so dringend Schuhzeug aller Art bedarf, wende ich mich an Sie mit der Bitte, die Bestände Ihrer Feuerwehrschläuche zu prüfen. Denken Sie an die Tausende von Flüchtlingen! Sie können helfen, die große Not wenigstens an einer Stelle zu lindern. Ich brauche jedes Kilo!““. Der damalige Feuerwehrkommandant Ernst Fichtner konnte nicht helfen, denn die ständigen Einsätze der Weinheimer Wehr nach den Bombenangriffen auf Mannheim hatten die Schlauchbestände stark reduziert, Rohstoffe für eine Neuproduktion standen nnicht zur Verfügung. Fichtner verwies den Helmstedter Unternehmer an die Weinheimer Gummifabrik. Ob er dort Erfolg hatte, ist nicht bekannt. Quelle: Weinheimer Nachrichten. Unser Bild zeigt Ehrenkommandant Dieter Neitzel.“
